Was ist eine Solawi?
„Solawi“ steht für Solidarische Landwirtschaft und ist inzwischen ein sehr populäres Modell, um einen Biohof finanziell abzusichern und Kunden und Verbraucher enger – sprich solidarisch – mit dem Erzeuger zu verbinden. Erzeuger und Verbraucher bilden eine Wirtschaftsgemeinschaft, welche auf die Bedürfnisse der Menschen abgestimmt ist und die natürliche Mitwelt berücksichtigt.
Neben der Gemüsekiste, die der Bauer direkt an die Haushalte liefert, dem Wochenmarkt oder dem Hofladen hat sich seit den Nullerjahren das Prinzip der solidarischen Landwirtschaft in Deutschland etabliert. Die Idee dahinter ist es, dass die Kunden quasi Teil des Hofes werden, in dem sie monatlich einen Betrag bezahlen und – ganz wichtig – auch mitarbeiten. Dafür bekommen sie vergünstigt Obst und Gemüse.
Biobauer mit viel Engagement
Der Landwirt Christian Heymann (42), der vor sieben Jahren sein Erspartes zusammenkratzte, 2000 Euro waren das, damit das Solawi-Unternehmen „SpeiseGut“ gründete und heute zehn Hektar Land auf verschiedenen Flächen, unter anderem in Alt-Gatow, bewirtschaftet. „Ich bin tief davon überzeugt, dass der Wert des einzelnen Produktes durch diese Art der Landwirtschaft wieder zum Vorschein kommt“, beschreibt er seinen Antrieb.
Bewusste Ernährung und selbst mal Bäuerin und Bauer sein zu können.
So unterschiedlich die Leute auch sind, die aktiv mitarbeiten, eins verbindet sie alle: Sie möchten wissen, wo ihre Lebensmittel herkommen.
Rena Barghusen, 29, Studentin der Agrarökonomie:
„Hier kann ich nachvollziehen, wie Landwirtschaft funktioniert und mit eigenen Händen anpacken. Ich lerne viele verschiedene Gemüsesorten kennen, erfahre, wie man Schädlinge bekämpft und wenn meine Kiste kommt, experimentiere ich beim Kochen.“
Tobias Schlufter, 25, Software-Entwickler:
„Ich kaufe überall ein, auch beim Discounter – aber das Gemüse frisch vom Feld schmeckt einfach anders, vor allem intensiver. Mir fällt das besonders bei Möhren auf.“
Elisabeth Mock (65) Soziologin:
„Wer braucht Chia-Samen aus China? Ich will Pastinaken aus dem Havelland! Ich sehe die Knochenarbeit, die hinter landwirtschaftlicher Arbeit steckt. Und dass man auch häufiger mal gar nichts erntet. Vor diesem Hintergrund weiß ich die Qualität eines guten, regionalen Produkts sehr zu schätzen.“
Petra Pankratz (59)
Musiklehrerin und Kirchenmusikerin:
„Wenn ich in meine Gemüsekiste hinein schaue, denke ich jedes Mal: Was schenkt mir das Leben heute? Ich kenne so viele Leute, die schwer krank sind. Was kann ich also tun, um selbst so gesund wie möglich zu leben? Die Antwort: Stress reduzieren, nicht rauchen, keine Drogen, gut schlafen – und bewusst essen. Im Lauf der Zeit sind zum Beispiel Fleisch und Eier immer weniger geworden auf meinem Speiseplan. Mittlerweile bin ich Vegetarierin.“
Nelly Kewitz, 24, Studentin der Erziehungswissenschaften:
„Ich bin in einem Jugendverband aktiv und wusste schon seit einem Jahr, dass ich meinen Lebensmitteleinkauf verändern möchte. Ich kaufe nur regionales Obst, am liebsten Märkten und in Bioläden und würde Milchprodukte niemals beim Discounter holen, um die Massentierhaltung nicht zu unterstützen. Als ich von Solawi hörte, fand ich das von Anfang an gut – dachte aber nicht, dass das in der Großstadt möglich ist“
Biologische Schädlingsbekämpfung
An dem Tag, an dem ich die Fotos gemacht habe, mussten die Wirsing- und Grünkohl Beete von den unerwünschten Kräutern befreit werden. Vorher mussten die Vliese von den Beten genommen werden, die die Kohlpflanzen von den Schädlingen schützen. Kohlfliege, Kohlweißlinge und Kohlmotte haben es auf das Gemüse abgesehen. Sie legen ihre Eier in die Pflanzen ab und der Nachwuchs, sprich die Maden fressen sich durch den Kohl. Die dichten Netze verhindern, dass die Fliegen an den Kohl gelangen; eine rein mechanische Schädlingsbekämpfung oder besser ausgedrückt: Schädlingsabwehr.
Als Solawi-Bauer muss Christian auch viel Wissen vermitteln und seinen Hilfs-Bäuerinnen und -Bauern auch Arbeitsabläufe beibringen. Die Gruppe hört aufmerksam zu und versucht alles so umzusetzen, wie es Christian erklärt.
Es ist Mittagszeit, und alle machen gemeinsam Pause. Sitzen mit erdverkrusteten Schuhen im Schatten unter einem Baum und holen selbst geschmierte belegte Brote, Tomaten und Obst aus ihren Rucksäcken. Schön gesund. Alles andere wäre eine Überraschung. Niemand erklärt sich groß – alle sind aus denselben Gründen dabei. Die gemeinschaftliche Arbeit, der Einsatz für diese eine Idee, verbindet, die Stimmung ist sehr entspannt. Das Ganze hat etwas von bäuerlicher Großfamilien-Romantik. Und so kenne ich es auch aus meinen Kindertagen, als Oma, Opa, Onkels und Tanten alle gemeinsam auf dem Feld gearbeitet haben.