Bauernhöfe zu portraitieren ist ja nun meine große Leidenschaft geworden, dass ich nun rund 80.000 Hühner kennenlernen durfte, und das auch noch in nur zwei Wochen, habe ich mir am Beginn von 2014 nicht unbedingt träumen lassen.
Im Februar 2014 besuchte ich die BioFach in Nürnberg. Die BioFach ist die wichtigste und größte Messe der Bio Branche. Dort bin ich Alfred Reinhard von der hosberg AG begegnet. Wenig später rief mich Herr Reinhard an und fragte mich, ob ich nicht einige der Höfe portraitieren wollte, die für die hosberg AG Eier produzieren.
So reiste ich Anfang Juni 2014 zum Firmensitz nach Rüti in die Schweiz. Im selben Ort liegt der Bauernhof der Reinhards, bei denen ich für diese Zeit Gast sein durfte. Von Esther Reinhard, der Frau von Alfred Reinhard, wurde ich bestens versorgt. Bei der hosberg AG ist sie die stellvertretende Geschäftsführerin.
Meine Aufgabe war es nun, rund 50 Höfe in der ganzen Schweiz zu besuchen, deren Hühnerställe zu fotografieren, das Freiland, die Hühner und natürlich auch die Bäuerinnen und Bauern. Gott sei Dank musste ich nicht selbst fahren, sondern wurde chauffiert.
Hier ein Überblick, wo ich in den zwei Wochen überall war:
Neben Alfred Reinhard werden die Höfe von Ruben Reinhard, seinem Sohn und Joachim Mörl betreut. Sie fahren regelmäßig zu den Bauernhöfen, kontrollieren die Ställe und beraten die Landwirte.
In der Schweiz dürfen 2.000 Hühner in einem Stall gehalten werden. Der Stall ist aufgeteilt in einen Schlaf- und einen Legebereich, hinzu kommt ein Wintergarten und das Freiland mit mindestens einem Hektar, welches unterteilt ist in einen Schlechtwetter-Auslauf und das Grünland.
Ein Hektar (oder, wie man in der Schweiz sagt, Hektare) sind 10.000 Quadratmeter oder ein Quadrat mit 100 Meter Seitenlänge. Das ist selbst für 2.000 Hühner eine enorm große Fläche.
Der entscheidende Faktor, damit das Projekt auch gelingen konnte, war das Wetter. 50 Bauernhöfe in zwei Wochen zu fotografieren heißt, jeden Tag mindestens vier Höfe zu besuchen. Ich hätte auch bei Regen fotografiert, nur hätten sich die Hühner kaum überreden lassen, bei schlechtem Wetter ihren Wintergarten zu verlassen.
Wir hatten Glück. In den zwei Wochen regnete es nur zwei Mal. Einmal waren wir im Auto zum nächsten Hof unterwegs und ein anderes Mal wurde der Bauer aufgehalten, und wir mussten eh etwas warten. Ansonsten beschenkte uns das Schweizer Wetter mit eitel Sonnenschein.
Die Fotos werden genutzt, um den Kunden zu zeigen, wo und wie die Hühner leben, von denen sie gerade die Eier auf dem Frühstückstisch haben. Jeder Hof hat eine Nummer und diese Nummer wird noch am Hof auf jedes Ei gedruckt. So kann jeder auf die Webseite der hosberg AG gehen, dort die Nummer des Eis eingeben und kommt auf eine Seite, auf der der Hof vorgestellt und meine Fotos gezeigt werden. Und wer mag, kann den Hof auch gerne einmal besuchen.
Was waren nun die Herausforderungen für mich als Fotograf? Zum einen das Wetter, was wie oben erwähnt mir sehr wohlgesonnen war. Dann die Lichtverhältnisse. Hühner mögen es sowohl beim Schlafen als auch beim Eierlegen eher dunkel, Fotografen eher hell, ein Interessenkonflikt.
Vor den Legeboxen hängen Kunststoffplanen, damit die Hühner beim Legen ihre Ruhe haben. Hühner bevorzugen einen erhöhten Schlafplatz, so gibt es in den Ställen regalähnliche Konstruktionen, auf denen sich die Tiere zum Schlafen zurückziehen.
Hier ist es meist eher düster und die Tiere sind scheuer als draußen. So bewegte ich mich in Zeitlupentempo, nutzte eine hohe Lichtempfindlichkeit meiner Kamera (hohe ISO-Werte) und belichtete auch etwas unter, um die schummerige Lichtstimmung wiederzugeben.
Im Wintergarten war das Fotografieren weitaus einfacher. Die Längsseite ist entweder mit transparenter Folie bespannt oder mit dichtem Drahtgeflecht. So hatte ich genügend Licht und konnte niedrige ISO Werte nutzen, die eine bessere Bildqualität ermöglichen.
Wie im Wintergarten sind die Hühner draußen auf der Weide auch neugieriger und kommen schon mal von alleine auf mich zu. Allerdings unterscheiden sich die einzelnen Herden sehr voneinander. Während mich bei der einen Herde die Hühner fast überrennen, ziehen sich die Tiere einer anderen Herde eher zurück, und ich hatte Mühe, nah genug heranzukommen. Was die Ursachen sind, konnten wir nicht klären. Da ich zu allen der 80.000 Hühner immer gleich freundlich war, denke ich nicht, dass ich der Grund für die unterschiedlichen Reaktionen war.
Hühner mögen am liebsten dichtes Strauchwerk, denn unter Ästen und Blättern sind sie vor Greifvögeln geschützt, wie auch vor zu viel Sonne. Aber auch ihren Feinden auf dem Boden können sie dadurch entrinnen, indem sie sich auf die Äste hocken. Auf den Weiden gibt es deshalb Unterstände, entweder aus Holz oder einer Konstruktion aus Metallstäben und Kunststoffnetzen. Da die Räuber am Boden meist in der Dämmerung kommen, brauchen die Hühner keinen speziellen Schutz, denn am Abend gehen sie sowieso in den Wintergarten zurück, und dieser wird mit Schiebern so verschlossen, dass Marder oder Fuchs in den Stall gelangen.
Einmal habe ich gesehen, wie ein Greifvogel auf die Weide zuflog. Und dann haben mir aber die Hühner gezeigt, dass sie noch richtig fliegen können! Die, die am weitesten vom rettenden Stall weg waren, nahmen Anlauf und flogen frei geschätzte 20 – 30 Meter in Richtung Stall. Das war ein Gegacker und eine Aufregung! Der Greif hat diesmal keine erwischt, aber ab und an gelingt es ihm doch, ein Huhn zu schlagen. Dies ist eben das Risiko bei der Freilandhaltung.
Noch ein paar Hinweise und Tipps zum Fotografieren von Hühnern. Wie schon erwähnt, reagieren die Hühner unterschiedlich, wenn jemand mit der Kamera in ihren Bereich eindringt.
• sich langsam bewegen, keine hektischen Bewegungen machen
• die Tiere erstmal beobachten, um zu sehen, wie die Stimmung so ist und ob die Neugierde den Fluchtreflex besiegt.
• wenn man einzelne Tiere fotografieren möchte, sollte man die Kamera tief am Boden halten. Dazu entweder einen Winkelsucher nutzen oder eine Kamera mit schwenkbaren Display, wer beides nicht hat, muss sich flach auf den Boden legen. Nur so bekommt man Bilder, die es dem Betrachter ermöglichen, mit dem Tier auf Augenhöhe zu sein.
• Ideal wäre es, mit zwei Kameras zu arbeiten, eine mit einem Weitwinkel oder Standard-Zoom und eine zweite mit Tele-Zoom ausgestattet. Das hat den Vorteil, dass man nicht die Linse wechseln und sich daher noch mehr bewegen muss und damit die schüchternen Tiere erschrickt.
• was natürlich für alle Motive gilt, aber hier besonders: man muss seine Kamera und seine Objektive in- und auswendig kennen. Wenn man noch überlegen muss, wo jetzt diese und jene Einstellung ist, ist das Huhn auch schon wieder weg.
Es war eine tolle Aufgabe und hat mir sehr viel Spaß gemacht. An dieser Stelle nochmals herzlichen Dank an Esther und Alfred Reinhard für die Beauftragung und die Gastfreundschaft. Vielen Dank auch an Ruben Reinhard und Joachim Mörl, die beiden Berater, die mich hunderte von Kilometern durch die Schweiz chauffiert haben und auch mich beim Fotografieren als Assistenten unterstützt haben. Und auch ein Grüezi und Danke an all die Bäuerinnen und Bauern, die mich beim Fotografieren auf ihren Höfen unterstützt haben und sich von mir haben porträtieren lassen.
Eberhard J. Schorr
Der Landfotograf
für die
hosberg AG
Neuhofstrasse 12
CH-8630 Rüti
hosberg.ch
Folgend einige Links zu den Bildern der Höfe auf der Webseite der hosberg AG
Hof Alpiger • Hof Bircher • Hof Bucheli • Hof Christinaz • Hof Eggenberger • Hof Ball • Hof Bless